JuraHealth Congress 2009 zeigt breite Expertendiskussion um Patientenverfügungen und Sterbebegleitung
Wie kontrovers die Diskussion über den Umgang mit dem Patientenwillen derzeit zwischen Medizinern, Pflegenden und Juristen geführt wird, zeigten eindrucksvoll die Vorträge beim JuraHealth Congress 2009. Während der Gesetzgeber und die Rechtsprechung klare Regelungen fordern, wünschen sich Mediziner und Ethiker mehr Beschäftigung mit dem Sterben und eine intensivere Suche nach dem „mutmaßlichen Willen“ sterbender Patienten.
„Wer die Tür einen Spalt aufmacht, läuft Gefahr, sie weit aufzustoßen.“ Mit diesen mahnenden Worten beendete einer der Hauptredner des JHC 2009, der niederländische Erzbischof Dr. Willem-Jacobus Eijk seinen Vortrag zu den ethischen Grenzfragen bei der Entscheidung zwischen einem würdigen und ärztlich begleiteten Sterben und den medizinisch möglichen lebensverlängernden Maßnahmen. Damit formulierte er das Dilemma, in der der Dialog zwischen den medizinischen Praktikern, also Ärzten und Pflegenden, und der Rechtswissenschaft derzeit steckt. Was im Einzelfall abgeschätzt werden kann und passieren soll, lässt sich nur schwer in Gesetze gießen.
Entsprechend kontrovers gestalteten sich auch die Diskussionen beim JuraHealth Congress 2009 in der Berliner Urania. Staatssekretär Lutz Diwell legte in seinem Grußwort, das er in Vertretung von Frau Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zum Congressbeginn sprach, noch einmal die grundlegenden Unterschiede zwischen den drei derzeit konkurrierenden Gesetzentwürfen zum Thema dar. Gleichzeitig sprach er sich erstaunlich klar für die Gesetzesvorlage aus, die unter Federführung des Bundestagsabgeordneten Stünker entstanden ist. Die oberste Bundesrichterin Frau Dr. Meo-Micaela Hahne hingegen verzichtete auf jede Wertung, zeigte mit der Erläuterung von zwei wegweisenden Urteilen des Bundesgerichtshofes zur Gültigkeit von Patientenverfügungen aber den aktuellen Stand der Rechtsprechung und die Grenzen einer richterlichen Entscheidung in dieser Thematik auf. In zahlreichen Vorträgen erörterten anschließend Ethiker und Palliativmediziner ihre Bedenken gegen eine starre schriftliche Fixierung von Anweisungen an die handelnden Ärzte oder Betreuer und sprachen sich für eine intensivere Beschäftigung mit dem Prozess des Sterbens aus.
Den zweiten Congresstag dominierten dann Vorträge zum derzeit in der Testung befindlichen Expertenstandard Ernährung. Frau Prof. Dr. Sabine Bartholomeyczik von der Universität Witten/Herdecke, die im Lenkungsausschuss des DNQP federführend an der Erstellung des Standards beteiligt war, und MDS-Geschäftsführer Dr. Peter Pick lobten die damit erzielte Verbesserung der Ernährungssituation für Menschen in der Pflege.
Als Vertreter der Patienten und Versicherten forderte DGVP-Präsident Wolfram-Arnim Candidus eine Neustrukturierung der geplanten elektronischen Patientenkarte. Wenn man die Chipkarte vielmehr als „persönliche Behandlungsdokumentation“ gestalte und auch Dokumente wie einen Organspendeausweis oder eine Patientenverfügung in digitaler Form mit einschließe, könnte das Modell der Patientenkarte sehr viel mehr Akzeptanz unter den Versicherten finden, betonte Candidus.
Der nächste JuraHealth Congress im Jahr 2010 wird sich mit dem Themenkomplex der Haftung und der Haftpflichtversicherung in Medizin und Pflege befassen und erneut in Berlin stattfinden.